Qualzucht – Aufklärung statt Verurteilung

Qualzucht ist ein Thema, das in der Hundewelt zunehmend an Bedeutung gewinnt – sei es in den Medien, im Tierschutz oder im Alltag. Als Hundetrainerin und Halterin einer Französischen Bulldogge mit gesundheitlichen Einschränkungen ist es mir ein besonderes Anliegen, darüber aufzuklären. Ziel ist nicht, Schuldzuweisungen zu machen, sondern Wissen zu vermitteln, Verständnis zu fördern und Möglichkeiten für einen verantwortungsvollen Umgang aufzuzeigen. So können wir gemeinsam dazu beitragen, dass weniger Hunde mit gesundheitlichen Problemen geboren werden – indem wir uns bewusst gegen den Kauf von Qualzucht-Rassen entscheiden.

  • Der Begriff „Qualzucht“ beschreibt Zuchtformen, bei denen gezielt Merkmale gefördert wurden, die beim Tier zu Leiden, Schmerzen oder erheblichen Einschränkungen führen – oft um einem bestimmten Schönheitsideal oder Modetrend zu entsprechen.
    Diese Merkmale können äußerlich sofort sichtbar sein (wie extrem kurze Nasen oder übermäßige Hautfalten) oder sich erst im Verhalten und in der Gesundheit des Hundes zeigen.

    Das Problem: Viele dieser Merkmale gelten in Rassestandards noch immer als „typisch schön“, obwohl sie das Wohlbefinden der Hunde beeinträchtigen. Häufig atmen solche Tiere schlecht, können sich nicht normal bewegen oder leiden chronisch unter Schmerzen.

    • Bulldoggen und Mops

      Bei diesen Rassen sind die typischen Kurzköpfigkeit (Brachyzephalie) und die extrem verkürzte Schnauze das Hauptproblem. Sie führen häufig zu Atemnot, Überhitzung, Augenproblemen und können die Lebensqualität stark einschränken.

    • Shar Pei
      Die überschüssigen Hautfalten, die als besonders niedlich gelten, können zu schmerzhaften Entzündungen, Hautproblemen und eingeschränkter Beweglichkeit führen.

    • Dackel
      Der lange Rücken und die kurzen Beine erhöhen das Risiko für Bandscheibenvorfälle und Wirbelsäulenprobleme.

    • Chihuahua, Zwergspitz, Toyrassen
      Diese sehr kleinen Hunde haben oft offene Schädelnähte (Fontanellen), Zahnfehlstellungen oder instabile Gelenke.

    • Deutsche Dogge und andere Riesenrassen
      Hier ist nicht die Atemnot, sondern das extreme Größenwachstum problematisch: Es kann Herz-Kreislauf- und Gelenkprobleme verursachen und die Lebenserwartung deutlich verkürzen.

    Natürlich ist nicht jeder Hund einer betroffenen Rasse automatisch krank – aber das Risiko ist deutlich höher, wenn bestimmte Merkmale überbetont werden.

  • 1. Regelmäßige Gesundheitschecks beim Tierarzt

    • Regelmäßige Untersuchungen sind Pflicht: Atemwege, Augen, Gelenke, Haut und Herz.

    • Notwendige Operationen durchführen lassen bedeutet Verantwortung übernehmen und können das Leid in den meisten Fällen stark lindern

    • Frühzeitige Diagnosen verhindern unnötiges Leid.

    2. Atemprobleme ernst nehmen

    • Viele Qualzuchten leiden unter Brachyzephalem Syndrom (verkürzte Atemwege).

    • Tipps:

      • Keine Überanstrengung bei Hitze.

      • Spaziergänge in kühleren Tageszeiten.

      • Stress vermeiden, da er die Atemnot verstärkt.

      • Stattdessen gerade im Sommer auf die kognitive Auslastung achten

    3. Gewichtskontrolle

    • Übergewicht verschlimmert Atemprobleme und Gelenkbelastung.

    • Empfehlung: Hochwertiges Futter, angepasst an Energiebedarf, und regelmäßige Bewegung ohne Überlastung.

    4. Augen- und Hautpflege

    • Rassen mit faltiger Haut oder hervortretenden Augen sind anfällig für Entzündungen.

    • Pflege-Tipps:

      • Falten täglich reinigen und trocken halten.

      • Augen regelmäßig kontrollieren, bei Rötung sofort zum Tierarzt.

    5. Keine Zucht und kein Kauf weiterer Qualzuchten

    • Jede Weitervermehrung verstärkt das Problem.

    • Empfehlung: Tier kastrieren lassen und aktiv über die Risiken aufklären.

    6. Artgerechte Beschäftigung

    • Trotz Einschränkungen brauchen Hunde geistige Auslastung.

    • Ideen: Nasenarbeit, ruhige Suchspiele, Training ohne körperliche Überforderung.

    7. Notfallplan

    • Bei Atemnot oder Kreislaufproblemen sofort handeln:

      • Hund an einen kühlen Ort bringen.

      • Tierarzt oder Tierklinik aufsuchen.

    📌 Wichtiger Hinweis: Qualzuchten sind nicht „normal pflegeintensiv“, sondern leiden oft lebenslang. Verantwortung bedeutet, alles zu tun, um das Leiden zu minimieren.

    Mein eigener Hund ist dafür ein gutes Beispiel:
    Er wurde bereits dreimal am Gaumensegel und an der Nase operiert, hat chronische Augenprobleme, eine ständig trockene Nase, diverse Allergien und Keilwirbel. Trotzdem ist er ein unglaublich fröhlicher, herzlicher Hund, der mit seinem Charme alle verzaubert – er zeigt mir täglich, warum Aufklärung so wichtig ist.

  • Wer sich für einen Hund aus einer Zucht entscheidet, kann selbst viel Verantwortung übernehmen. Ein seriöser Züchter:

    • züchtet nicht auf Extreme, sondern auf Gesundheit, Charakter und Wesen,

    • lässt seine Tiere tierärztlich untersuchen (inkl. genetischer Untersuchungen, z. B. auf Atemwegs- oder Wirbelsäulenprobleme),

    • gibt ausführliche Informationen über die Elterntiere, deren Gesundheitswerte und Lebensbedingungen,

    • züchtet nicht mehr als einige wenige Würfe im Jahr,

    • gibt die Welpen nicht zu früh ab und legt Wert auf Sozialisation,

    • erlaubt Besuche in der Zuchtstätte und beantwortet alle Fragen offen.

    Wichtig ist: Schau genau hin. Wenn ein Züchter dich schnell „überreden“ möchte oder der Eindruck entsteht, dass Profit über Tierwohl steht, ist Vorsicht geboten.

    Viele Welpen werden als „freiatmend“ angeboten. Dabei solltest du wissen: Der Schädel dieser Hunde wächst bis etwa zum 3. Lebensjahr weiter – die Schnauze jedoch nicht. Lass dich also nicht täuschen: Die Länge der Welpenschnauze sagt nichts über die spätere Atmung aus!
    Wenn ein Züchter dich darüber nicht ehrlich aufklärt: Pfoten weg!

Warum mir Aufklärung so wichtig ist

Ich bin überzeugt: Niemand würde sich bewusst für eine solche Züchtung entscheiden, wenn er das ganze Ausmaß für seinen Hund kennen würde. Kein Mensch möchte seinen Vierbeiner täglich leiden sehen – nach Luft ringend, mit Schmerzen im Rücken, wenn er kaum noch mitgenommen werden kann und seine Welt immer kleiner wird. Oder wenn er langsam erblindet und man machtlos danebensteht.

Die Wahrheit ist: Es gibt keine wirklich gesunde Französische Bulldogge oder einen Mops ohne Atemprobleme. Ja, es gibt inzwischen Bemühungen, diese Rassen „zurückzuzüchten“ – Gott sei Dank! Aber wir dürfen nicht vergessen, dass diese Hunde über Jahrzehnte krank gezüchtet wurden. Es wird Jahre, vielleicht Jahrzehnte dauern, bis wir wieder von einer „gesunden“ Bulldogge, einem Mops oder auch einem Dackel sprechen können. Und bis dahin? Wie viele kranke Welpen werden noch geboren?

Versteht mich nicht falsch: Ich liebe meinen Hund über alles. Aber glaubt mir – dieses Leid zerreißt mir jeden Tag das Herz.

Also macht bitte nicht den selben Fehler den ich damals gemacht habe.

Eure Maria